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Outsourcing wird in Luxemburg immer häufiger praktiziert, insbesondere in den Bereichen Finanzen, IT und Dienstleistungen. Dieser Trend, der von einem ständigen Streben nach Wettbewerbsfähigkeit und Kostensenkung angetrieben wird, wirft viele Fragen und Bedenken hinsichtlich seiner wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen auf. Während er für die Unternehmen kurzfristig Vorteile bringt, birgt das massive Outsourcing große Risiken für die lokale Beschäftigung, die Qualität der Dienstleistungen und das nationale Wirtschaftsgefüge.
Geregelt durch das CSSF-Rundschreiben 22/806, das sich auf die Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA/GL/2019/02) stützt, soll diese Praxis die Finanzstabilität in der EU gewährleisten. In der derzeitigen Form untergräbt das exzessive Outsourcing jedoch allmählich die Grundlagen einer stabilen und fairen lokalen Wirtschaft.
1. Hohe Lohnkosten in Luxemburg
Mit einem durchschnittlichen Bruttojahresgehalt von 72.250 € im Jahr 2021 steht Luxemburg in Europa an erster Stelle. Diese Zahl, die deutlich höher ist als die von Dänemark (-14 %) oder Irland (-43 %), spiegelt eine florierende Wirtschaft, einen hohen Lebensstandard und qualifizierte Arbeitskräfte wider. Für Unternehmen können diese Kosten jedoch als Hindernis für die Wettbewerbsfähigkeit empfunden werden, was sie dazu veranlasst, ihre Aktivitäten in Länder mit niedrigeren Kosten zu verlagern.
2. Flexibilität und ein freizügiger Rechtsrahmen
Der luxemburgische Rechtsrahmen erleichtert Entlassungen aus wirtschaftlichen Gründen, was Unternehmen dazu ermutigt, ihr Geschäftsmodell umzustrukturieren, indem sie bestimmte Funktionen ins Ausland verlagern. Diese Flexibilität kann ausgenutzt werden, um kurzfristig Kosten zu senken, allerdings auf Kosten der lokalen Beschäftigung.
3. Risikominderung und Optimierung der Ressourcen
Das Outsourcing ermöglicht es den Unternehmen, bestimmte operative Aufgaben abzugeben und sich auf strategische Aktivitäten zu konzentrieren. Diese Optimierungslogik führt jedoch zu einem Verlust an Know-how und einer stärkeren Abhängigkeit von externen Dienstleistern, die häufig außerhalb der Europäischen Union angesiedelt sind.
1. Prekarität der lokalen Beschäftigung
Massives Outsourcing führt zu einer erheblichen Verringerung der Beschäftigungsmöglichkeiten auf allen Ebenen, von operativen Positionen bis hin zu hochqualifizierten Funktionen. Lokale Beschäftigte sind oft mit Entlassungen oder einer Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen konfrontiert.
So hat beispielsweise ein großes Finanzdienstleistungsunternehmen alle seine operativen Dienstleistungen in osteuropäische Länder ausgelagert. Die einheimischen Mitarbeiter müssen nicht nur diese neuen Mitarbeiter ausbilden, sondern auch die laufenden Tätigkeiten aufrechterhalten, die Fehler der ausgelagerten Mitarbeiter korrigieren und die Neuankömmlinge aufgrund der hohen Fluktuation in diesen Entwicklungsländern ständig neu schulen. Die Folge für die Teams vor Ort: ein erheblich höheres Arbeitspensum mit weniger Personal, während sie gleichzeitig eine doppelte Infrastruktur in einem anderen Land verwalten. Dieses Outsourcing-Modell wird zwar oft als kosteneffiziente Lösung dargestellt, bleibt aber ein großes Fragezeichen, das von den Arbeitgebern, die diesem Trend folgen, nur selten klar erklärt wird.
2. Verlust von strategischem Fachwissen
Die Übertragung von Kompetenzen an externe Dienstleister kann letztlich zu einer Schwächung des lokalen Know-hows führen und luxemburgische Unternehmen von ausländischen Partnern abhängig machen. Dieser Kontrollverlust setzt die Unternehmen operativen und strategischen Risiken aus.
3. Wirtschaftliches Ungleichgewicht
Die Auslagerung trägt dazu bei, dass die Wertschöpfung aus Luxemburg abgezogen wird, wodurch das lokale Wirtschaftsgefüge geschwächt wird. Einsparungen bei den Arbeitskosten kommen nur den Aktionären zugute, ohne dass die Volkswirtschaft davon direkt profitiert.
ESG-Standards (Environment, Social, Governance) bieten einen Rahmen für die Bewertung der sozialen Verantwortung von Unternehmen. Obwohl Umwelt- und Governance-Aspekte weit verbreitet sind, wird die soziale Säule oft unterschätzt. Es besteht ein dringender Bedarf, diese sozialen Kriterien bei der Bewertung der Auswirkungen von Outsourcing-Strategien vollständig zu integrieren.
Wichtigste soziale Kriterien, die gestärkt werden müssen:
Die ALEBA schlägt vor, den Anteil der von den Unternehmen nach Luxemburg ausgelagerten Tätigkeiten auf 25-30% zu begrenzen. Diese Maßnahme würde eine faire Verteilung der Aktivitäten zwischen lokalen und ausländischen Betrieben gewährleisten.
Die Auslagerung an Dritte kann eine ethische Lücke offenbaren, wenn keine Sorgfaltsprüfung durchgeführt wird, um sicherzustellen, dass die Praktiken der Unterauftragnehmer den ESG-Standards entsprechen. Dazu gehören Risiken wie die Ausbeutung von Arbeitskräften, Menschenrechtsverletzungen und unverantwortliche Umweltpraktiken, die das Engagement des Unternehmens für seine Nachhaltigkeitsziele untergraben. Ein ESG-Bewertungssystem würde die Auswirkungen von Unternehmen auf die Beschäftigung und die lokale Gemeinschaft messen. So könnte ein Unternehmen beispielsweise nach Kriterien wie der Anzahl der vor Ort erhaltenen Arbeitsplätze, der Achtung sozialer Rechte oder Initiativen zur Förderung der Weiterbildung bewertet werden. Diese Bewertungen würden veröffentlicht werden, um Investoren und Arbeitnehmer zu informieren.
Unternehmen, die in großem Umfang auslagern, würden mit einer ESG-Steuer belegt werden. Beispiel: Ein Unternehmen, das mehr als 50 % seiner Tätigkeiten auslagert, könnte eine Steuer zahlen, die proportional zur Differenz zwischen den Kosten für ausgelagerte Arbeitskräfte und den Kosten für einheimische Arbeitskräfte ist. Die Einnahmen aus dieser Steuer könnten zur Finanzierung von Umschulungsprogrammen oder zur Unterstützung der von der Auslagerung betroffenen Sektoren verwendet werden.
Einführung strengerer Regeln für Entlassungen aus wirtschaftlichen Gründen, um Missbrauch zu verhindern. Zum Beispiel: Vor jeder Massenentlassung sollte ein Sozialaudit vorgeschrieben werden, wobei das Unternehmen nachweisen muss, dass es alle Alternativen geprüft hat, z. B. den Versuch, die betroffenen Arbeitnehmer auf anderen Arbeitsplätzen im Unternehmen zu halten, die Kürzung von Dividenden oder Investitionen in technologische Lösungen zur Erhaltung von Arbeitsplätzen. Ein Unternehmen könnte die Modernisierung seiner Arbeitsmittel finanzieren, z. B. die Einführung von Software oder Automatisierungsplattformen, und gleichzeitig seine Mitarbeiter in den neuen Fähigkeiten schulen, die für den Umgang mit diesen Technologien erforderlich sind. Dies würde es ermöglichen, Arbeitsplätze zu erhalten und gleichzeitig die Produktivität zu steigern.
Outsourcing an sich ist keine schlechte Praxis, aber seine Auswüchse können der luxemburgischen Wirtschaft und Gesellschaft schaden. Die Einführung strengerer Regeln und Instrumente wie ESG-Standards würde es ermöglichen, wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und soziale Gerechtigkeit miteinander in Einklang zu bringen. Luxemburg als Modell für Stabilität und Wohlstand hat die Pflicht, bei der Regulierung dieser Praktiken mit gutem Beispiel voranzugehen.
Dieser Artikel wurde von unserem Exekutivauschussmitglied Thierry Roland verfasst
Outsourcing wird in Luxemburg immer häufiger praktiziert, insbesondere in den Bereichen Finanzen, IT und Dienstleistungen. Dieser Trend, der von einem ständigen Streben nach Wettbewerbsfähigkeit und Kostensenkung angetrieben wird, wirft viele Fragen und Bedenken hinsichtlich seiner wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen auf. Während er für die Unternehmen kurzfristig Vorteile bringt, birgt das massive Outsourcing große Risiken für die lokale Beschäftigung, die Qualität der Dienstleistungen und das nationale Wirtschaftsgefüge.